Hier ein paar Punkte, die ich mir auf dem Journalistentag Nord notierte, der von den norddeutschen Journalisten DJV-Verbänden organisiert wurde.
Ulrike Langer (Medialdigital) wird künftig in ihrer neuen Heimat Seattle die hyperlokale Blogszene genau beobachten.
Ihre Tipps für Zeitungsredaktionen: Vergessen Sie Klicks und Aussagen wie „da müssen wir Themen reinblasen“. Das funktioniert nicht. Social-Media sind Kommunikationskanäle. Zwar kann man dort Aufmerksamkeit erzeugen, aber man darf nicht nur senden. Langer hat sich für ein Blog entschieden, um selbst über ihre Themen entscheiden zu können: „Ich wollte mich von der Hürde verabschieden, für den Redakteur und nicht für den Leser zu schreiben.“ Inzwischen ist sie mit ihrem Freemium-Modell sehr zufrieden. Obwohl Sie Seminarfolien kostenlos anbietet, entstehen genau daraus lukrative neue Aufträge. Ihr Blog hat 1.000 Stammleser. Sie stellt bei sich einen Newskonsum-Wandel fest: Das direkte Ansurfen von Webseiten, gar das Lesen von RSS-Feeds rückt in den Hintergrund: „Ich besuche zwar noch mehr mals täglich Spiegel Online – das ist aber auch oft eine Übersprungshandlung“.
Professor Christoph Neuberger (LMU München) erklärt, dass auch in den USA weiterhin Blogger keinen professionellen Journalismus leisten können. Das hat in letzter Konsequenz mit fehlenden Finanzierungsmodellen zu tun; ein Problem, mit dem sich hyperlokale Angebote auch in den USA auseinandersetzen müssen. Auch wenn es für die Nutzung eine gewisse Bereitschaft gibt, da traditionelle Angebote das Vertrauen der Nutzer mitunter verspielt haben. Neuberger beschäftigt sich auch damit, wie Facebook und Twitter den Journalismus bereichern können. Er stellt fest: Diese neuen Formate haben schmale Anwendungsgebiete. So sei Twitter für Live-Berichterstattung – wegen der 140-Zeichen-Grenze- kaum einsetzbar. Die Nische muss gefunden werden.Für den Journalismus bedeutet das einen Wandel: Früher gab es nur ein Produkt (Stichwort Zeitung). Wegen des Internets hat sich dies gewandelt, sodass die Journalisten neue Fähigkeiten benötigen. Moderations- und Navigationsleistungen sind gefragt. Der Kommunikationswissenschaftler stellt aber die Frage: Entsteht daraus etwas, wofür jemand bezahlt? Einen Wandel beobachtet die Wissenschaft auch beim Nachrichtenkonsum. Das gezielte Ansurfen von Webseiten nimmt demnach ab. Die Google-News-Schlagzeilen reichen vielen.
Alexander Svensson (Wortfeld) bloggt zwar eher nur für sich persönlich, aber: Wer den Einstieg in den Journalismus sucht, sollte darauf achten, nicht unterzugehen. Deswegen lohnt es sich, mit einem Blog auf sich aufmerksam zu machen.
Tom Buhrow (tagesthemen) schätzt seit seiner Rückkehr aus den USA seine Erfahrung mit lokalen Journalisten: Ihre Arbeit sei präziser und wahrhaftiger. Auf der anderen Seite kritisiert er die Hörigkeit deutscher Journalisten. Es werde die Propaganda der Regierung geschluckt. So nimmt er das Wort „Eurorettungsfonds“ nicht in den Mund. Das klingt zwar gut, werde auch von vielen Journalisten übernommen, ist aber falsch: Ob diese Fonds den Euro retten, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass wir jetzt viel Geld für Griechenland mobilisieren und dass es den überschuldeten Euro-Peripherie-Ländern Zeit für einen weiteren Atemzug verschafft. Burhow empfielt: Social Media sehr dosiert einsetzen!
Cord Dreyer (dapd) auf die Frage: Springt der Journlismus von einer Katastrophe zur nächsten Katastrophe? „Die Katastrophen machen wir ja nicht. Wir beschreiben nur die Wirklichkeit“. Dreyer beschreibt einen Paradigmenwechsel: Wir zeigen heute Sachen und sagen dabei, dass wir nicht wissen, ob sie stimmen. (Stichwort: Quellen rund um die afrikanischen Revolutionen.) Dreyer sagt aber auch: „Es kann nicht unsere Aufgabe sein, aus Facebook vorzulesen“
Susanne Stichler (NDR) (Zu den Tagesschau-Ausgaben über den Tag, und die Herausforderung die aktuell zu halten: „Einordnung gibt es erst ab 17 Uhr“) Politikverdrossenheit entdeckt sie in der regionalen Berichterstattung.
Thomas Osterkorn (Stern) über die geringeren Gehälter bei Online im Vergleich zu Print: „Das müssen sich die Kollegen verdienen. Wer an einem guten Produkt arbeitet, verdient dann auch entsprechend.“ Heißt Stern.de ist kein gutes Angebot? Osterkorn machte sich auch über Springers Gewinnmodel der Zusatzgeschäfte lustig: Vorstellbar wäre auch der Volksdildo. Gruner & Jahr habe sich konsequent bei Nicht-Journalistischen-Investments enthalten.
Frank Schmiechen (WELT-Gruppe) fordert den Journalisten von heute auf sich zu fragen: „Was wissen wir eigentlich mehr, als jemand, der 10 Minuten gegooglet hat? Da wird die Luft schon dünn.“ Wenn wir uns auf exklusives Wissen zurückziehen, beziehen wir die Position der katholischen Kirche. Als Journalist ein Wissensvorsprung zu haben reicht nicht mehr. Wir müssen kommunizieren, moderieren und die Menschen zusammen bringen. Alle Redakteure und Volontäre der Welt-Kompakt haben einen Twitteraccount. Sie lassen sich in ihre Karten gucken und sind ansprechbar. So oft werden sie bisher aber nicht angesprochen. Twitter soll genutzt werden, um andere Stimmen und andere Meinungen ins Boot zu holen. „Wir wissen was unsere Marken im Print bedeuten, aber nicht, was sie in der digitalen Netzwelt.“
Herbert Flecken (Mediengruppe Madsack) hat ein Labor, aus dem sich die anderen Zeitungen bedienen können: Die Oberhessische Zeitung in Marburg. „Wenn es den Königsweg geben würde, würden wir hier nicht setzen.“ Bei all den Experimenten dürfen wir die Bodenhaltung nicht vergessen. Irgendwann muss die Phase des Testens zu Ende sein.
Zum Schluss noch ein lustiger Wortwechsel. Osterkorn: „Das Internet werden wir nicht wieder los.“ Schmiechen: „Ich empfinde das Internet nicht als Stachel. Der Kampf zwischen Print und Internet ist längst vorbei. Das Internet hat gewonnen.“
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Dann saß ich noch zwei Mal auf dem Podium „die Jungen und Wilden“, das von Nicole Buchmann moderiert wurde! Hier einige Tweets aus dem Publikum von unserem Forum (und von anderen Veranstaltungen).
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